In der deutschen Startup- und Tech-Szene ist es in den letzten Monaten zu zahlreichen Kündigungswellen gekommen: bei Massenentlassungen wurden Mitarbeiter:innen ohne Vorwarnung gekündigt. Generell kann eine Kündigung einen schwerwiegenden Einschnitt im Leben von Arbeitnehmer:innen darstellen. Kommt es in Unternehmen zu sogenannten Massenentlassungen, sehen sich viele Mitarbeiter:innen gleichzeitig mit der Situation des Job-Verlustes konfrontiert. Daher ist es umso wichtiger, über seine Rechte informiert zu sein. Paul Krusenotto, Rechtsanwalt der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Chevalier, erklärt im nachfolgenden Text, wie Gekündigte im Falle einer Massenentlassung am besten vorgehen, um ihre Rechte zu schützen.
Massenentlassungen unterliegen klaren Vorgaben
Unter Massenentlassungen versteht man die Kündigung einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern innerhalb eines Monats. Arbeitgeber müssen hier klare Vorgaben einhalten. Zuerst müssen beispielsweise die Agentur für Arbeit und der Betriebsrat informiert werden. Letzterer kann die Entlassungen mildern oder sogar verhindern.
„Bei geplanten Betriebsänderungen, zu denen auch größere Kündigungswellen gehören, sind Unternehmen verpflichtet, mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich zu verhandeln”, sagt Paul Krusenotto. „Dabei müssen ergebnisoffen alle Möglichkeiten, einschließlich des Verzichtes auf die geplante Betriebsänderung, diskutiert werden”, so Krusenotto weiter.
Das müssen Gekündigte bei Kündigungsschutzklagen beachten
Wichtig ist: Gekündigte Angestellte müssen innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage einreichen, um die Kündigung anzufechten. Und: Obwohl es keine gesetzliche Pflicht zur Abfindungszahlung gibt, zahlen Arbeitgeber bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage oft eine Abfindung.
Paul Krusenotto betont: “Falsch durchgeführte Massenentlassungen sind keine Seltenheit und können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Eine juristische Beratung ist für Gekündigte auf jeden Fall ratsam. Auch großen Unternehmen unterlaufen bei Massenentlassungen unzulässige Kündigungen, gegen die man erfolgreich juristisch vorgehen kann. Arbeitnehmer:innen haben zwar kein generelles Recht auf eine Abfindung nach einer Massenentlassung. in der Praxis zahlen Arbeitgeber:innen aber in den meisten Fällen eine Abfindung!”, so Krusenotto.
Allgemein wird unter einer Massenentlassung die Kündigung von einer bestimmten Anzahl von Mitarbeiter:innen in einem Zeitraum von 30 Tagen verstanden.
Genauer:
- Wenn in Unternehmen mit mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmer:innen mehr als 5 Arbeitnehmer:innen gekündigt werden.
- Wenn in Unternehmen mit mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmer:innen 10 von hundert der im Unternehmen regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer:innen oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer:innen entlassen werden.
- Wenn in Unternehmen mit mindestens 500 Arbeitnehmer:innen mindestens 30 Arbeitnehmer:innen entlassen werden.
Auch wenn im Kündigungsschutzgesetz der Begriff Massenentlassungen nicht verwendet wird, sind dort mehrere Regelungen enthalten, die Arbeitnehmer:innen im Falle von Massenentlassungen schützen sollen.
Auch bei Massenentlassungen muss Sozialauswahl getroffen werden
Eine Kündigung durch Massenentlassungen ist immer auch eine betriebsbedingte Kündigung, da die Kündigungsgründe weder in der Person der oder des Arbeitnehmer:in noch in seinem oder ihrem Verhalten liegen. In den meisten Fällen sind die Gründe wirtschaftlich. Daher muss eine Sozialauswahl erfolgen.
Folgende Kriterien müssen bei der Auswahl gekündigter Mitarbeiter:innen berücksichtigt werden:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter
- Unterhaltspflichten
- Schwerbehinderung
Missachten Arbeitgeber:innen eine Vorschrift des Kündigungsschutzgesetzes in Bezug auf Massenentlassungen, kann dies ausreichen, um alle ausgesprochenen Kündigungen unwirksam werden zu lassen. Falsch durchgeführte Massenentlassungen können somit hohe Kosten für Arbeitgeber:innen nach sich ziehen.
Das sind 5 Gründe für eine unwirksame Kündigung nach Sozialplan:
- Die Sozialauswahl ist fehlerhaft
- Der Arbeitsplatz fällt nicht dauerhaft weg
- Der Betriebsrat wurde nicht informiert und angehört
- Eine Beschäftigungsmöglichkeit an anderer Stelle existiert
- Die Massenentlassung wird nicht oder mangelhaft bei der Agentur für Arbeit angezeigt
„Gerade, weil Arbeitgeber:innen diese Kosten fürchten, sind sie häufig bereit, eine Abfindung zu zahlen. Betroffene von Massenentlassungen sollten sich also unbedingt juristisch beraten lassen”, rät Krusenotto.
Gekündigte Arbeitnehmer:innen sollten sich im besten Fall immer einen rechtlichen Beistand suchen. Das ist bei Betroffenen einer Massenentlassung nicht anders. Die Arbeitsrechtsexperten von Chevalier Rechtsanwälte stehen den von Massenentlassungen betroffenen Arbeitnehmer:innen mit juristischer Expertise zur Seite.