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Neue Corona-Arbeitsschutzverordnung: Arbeitgebende sind in der Pflicht

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Am 01. Oktober tritt die neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung für den Herbst und Winter 2022/23 in Kraft. Die Verordnung soll den Arbeitsschutz in Unternehmen unter den Bedingungen einer Pandemie gewährleisten und es Betrieben gleichzeitig ermöglichen, ihre Präventionsmaßnahmen flexibel an das Infektionsgeschehen anzupassen. Wie diese Regelungen lauten und welche Änderungen Arbeitnehmende im Vergleich zum Vorjahr erwarten, erklärt Sarah Pohlmann, Expertin für Arbeitsrecht der Chevalier Rechtsanwälte

Ende Mai sind mit Ablauf der letzten Corona-Arbeitsschutzverordnung auch die Vorgaben für Unternehmen ausgelaufen. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr der Omikron-Variante und weil sich mit Beginn des Herbstes Menschen vermehrt in Innenräumen aufhalten, erwartet die Bundesregierung jedoch einen weiteren Anstieg der Infektionszahlen. Um diese einzudämmen, tritt am 1. Oktober 2022 die neue Corona-Arbeitsschutzverordnung in Kraft.

Ein betriebliches Hygienekonzept soll die erforderlichen Schutzmaßnahmen festlegen

Arbeitgebende sind dazu verpflichtet, auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach den § 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes die erforderlichen Schutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz in einem betrieblichen Hygienekonzept festzuhalten.

Genau definierte Mindeststandards für ein Hygienekonzept gibt es jedoch nicht. Arbeitgebende sind deshalb dazu verpflichtet, ihre Mitarbeitenden darin zu unterweisen, welche Maßnahmen im Betrieb gelten. 

Nach der neuen Arbeitsschutzvorschrift sind diese regelmäßig von Arbeitgebenden zu überprüfen und im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung abzuwägen. Außerdem sind Arbeitgebende dazu verpflichtet, über die Risiken einer Covid-19-Erkrankung aufzuklären und über die Möglichkeit zur Impfung, auch während der Arbeitszeit, zu informieren.

„Kommen Arbeitgebende ihrer Pflicht zur Erstellung und Umsetzung eines Hygienekonzepts nicht nach, können sie sich im Falle einer Corona-Infektion ihrer Mitarbeitenden schadensersatzpflichtig machen“, berichtet Sarah Pohlmann. Arbeitnehmende müssen jedoch nachweisen können, dass die Infektion am Arbeitsplatz stattgefunden hat und, dass sie auf dem fehlenden Hygienekonzept der Arbeitgebenden beruht.

Arbeitsschutzverordnung

Infektionsschutz liegt in der Verantwortung der Arbeitgebenden

Bei allen Freiheiten, die Unternehmen in Sachen Infektionsschutz genießen, bleibt es die Pflicht der Arbeitgebenden, für ein geringes Infektionsrisiko ihrer Mitarbeitenden zu sorgen. Arbeitnehmende, die sich an ihrem Arbeitsplatz nicht ausreichend geschützt fühlen, müssen dies laut Sarah Pohlmann also nicht einfach hinnehmen.

Sie rät Arbeitnehmenden, ihre Arbeitgebenden, auf ihre Verpflichtung schriftlich und mit einer konkreten sowie angemessenen Frist zur Umsetzung eines Hygienekonzepts hinzuweisen. Dies kann sowohl per Brief als auch via E-Mail erfolgen. „Gemäß § 17 I ArbSchG haben Beschäftigte das Recht, ihren Arbeitgebenden Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz zu unterbreiten“, so Pohlmann. 

Sollten sich Arbeitgebende trotz Hinweis weiterhin weigern, ein Hygienekonzept umzusetzen, sollten Arbeitnehmende an den Betriebsrat oder eine andere Arbeitnehmendenvertretung herantreten. „Der Betriebsrat hat gem. § 87 I BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) in Verbindung mit  § 3 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) ein Initiativrecht, die Maßnahmen mitzubestimmen. Ignorieren Vorgesetzte dies, sollten Arbeitnehmende sich unbedingt rechtlichen Beistand suchen“, rät die Expertin.

Denn Arbeitnehmende haben bei einem unzureichenden Infektionsschutz grundsätzlich die Möglichkeit, die Wiederaufnahme der Arbeit – bei vollem Lohnfortzahlungsanspruch – zu verweigern, hierbei handelt es sich jedoch um eine schwierige Wertungsfrage. „Arbeitnehmende sollten einen solchen Schritt keinesfalls ohne vorherige anwaltliche Beratung gehen. Sollte das Fernbleiben der Arbeit im Verlauf als unberechtigt angesehen werden, droht eine außerordentliche fristlose Kündigung, so Pohlmann.

Keine Verpflichtung zum Homeoffice und kostenlosen Tests

Eine Homeoffice-Pflicht für Unternehmen soll es diesen Herbst und Winter nicht geben. 
Arbeitnehmende haben somit keinen grundsätzlichen Anspruch auf das Arbeiten im Homeoffice. 

Auch Risikopatient:innen sind grundsätzlich verpflichtet, zur Arbeit zu erscheinen. Pohlmann rät dieser Personengruppe jedoch, das Gespräch mit dem Vorgesetzten und, wenn nötig, mit dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin zu suchen. Diese:r hat das Recht, sinnvolle Maßnahmen, wie beispielsweise das Arbeiten im Homeoffice, anzuordnen.

Bei der Bereitstellung von Schnelltests sind Arbeitgebende angehalten, zu prüfen, ob diese Maßnahme zum gegebenen Zeitpunkt sinnvoll ist oder nicht. Sind Schnelltests notwendig, müssen Arbeitgebende diese für alle Mitarbeitenden, die nicht im Homeoffice arbeiten können, zur Verfügung stellen.

Kinderbetreuung: Entschädigungsanspruch besteht nicht

Arbeitnehmende, die ihrer Arbeit aufgrund der Betreuung von Kindern nicht nachgehen konnten und somit einen Verdienstausfall erlitten, profitierten bisher von der Entschädigungsregelung nach § 56 Abs. 1a IfSG. Diese Regelung war ursprünglich an die Feststellung einer epidemischen Lage geknüpft. Im Gesetz war jedoch vorgesehen, dass der Anspruch bis zum Ablauf des 23. September 2022 auch unabhängig von einer epidemischen Lage besteht. Diese Auslauffrist ist nicht verlängert worden, sodass § 56 IfSG, soweit erkennbar, keine Verdienstausfallentschädigung mehr gewährt.

„Ein weiterer Entschädigungsanspruch ergibt sich jedoch aus § 45 SGB V. Dieser ermöglicht, dass versicherte Arbeitnehmende Krankengeld in Anspruch nehmen können, wenn sie aufgrund der Betreuung eines Kindes der Arbeit fernbleiben“, so Pohlmann weiter.

Urlaubsanspruch in Quarantäne

Der bisher strittige Fall, ob ein Urlaubsanspruch während einer Quarantänezeit verfällt, ist nun in § 59 IfSG geregelt. Müssen Arbeitnehmende während ihres Urlaubs in Quarantäne, wird diese Zeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.


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