Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden: Nur, wenn Arbeitgeber:innen ihre Hinweispflicht erfüllt haben, kann der Jahresurlaub von Beschäftigten verfallen. Zudem ist eine Verjährung von Urlaubsansprüchen nicht ohne Weiteres möglich. Welche Auswirkungen das auf die Rechte von Beschäftigten hat, erklärt Jörg Tepper, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Chevalier Rechtsanwälte.
Gegen die Verjährung ihrer Urlaubsansprüche hatte eine Steuerfachangestellte aus Nordrhein-Westfalen geklagt. Aufgrund von zu hoher Arbeitsbelastung hatte sie über mehrere Jahre hinweg mehr als 100 Urlaubstage nicht genommen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied jetzt, dass dieser Urlaubsanspruch nicht verjährt ist. Die Richter:innen machten in ihrem Urteil auch klar, dass Urlaubsansprüche generell nicht automatisch nach drei Jahren verfallen.
Mit dem Urteil setzt das BAG eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem letzten Jahr um. Danach müssen Arbeitgeber:innen aktiv auf eine mögliche Verjährung und den Verfall der gesetzlichen Mindesturlaubstage hinweisen. Ansonsten, so der EuGH, bleibt der Anspruch bestehen.
Wichtiges Zeichen für Arbeitnehmer:innen
Für Tepper stärken die Urteile die Rechte der Arbeitnehmer:innen, die „mit ihren Arbeitgeber:innen über nicht genommene Urlaubstage uneins sind“. Und da der Urlaub nicht automatisch am Ende eines Kalenderjahres verfällt oder nach drei Jahren verjährt, sollte laut Tepper „jeder jetzt prüfen, ob noch Ansprüche aus zurückliegenden Jahren bestehen“. Denn für den Arbeitsrechtexperten fördert die Grundsatzentscheidung des BAG „ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben und unterstreicht die Bedeutung von Erholung und Entspannung im Arbeitsleben“. Er fordert deshalb Arbeitgeber:innen in ganz Deutschland auf, sicherzustellen, dass Mitarbeiter:innen ihren Urlaub rechtzeitig nehmen. Arbeitnehmer:innen, die sich nicht sicher sind, ob sie ausreichend auf einen Verfall oder die Verjährung ihrer Urlaubsansprüche hingewiesen wurden, rät er, „dies von einem ausgewiesenen Arbeitsrechtler prüfen zu lassen“.