Die Arbeitswelt ist von zahlreichen rechtlichen Vorschriften geprägt, doch oft kursieren viele falsche Vorstellungen und Mythen, die zu Unsicherheiten führen können. Von der Kündigungsfrist über den Urlaubsanspruch bis hin zur Frage nach Überstunden. Deshalb klärt Darius Rolfs, Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte der Kanzlei Chevalier Rechtsanwälte über weit verbreitete Mythen im Arbeitsrecht auf, um Arbeitnehmer:innen Klarheit zu verschaffen und auf ihre Rechte aufmerksam zu machen.
Kein wirksames Arbeitsverhältnis ohne schriftlichen Arbeitsvertrag: Viele glauben, dass ein Arbeitsverhältnis ohne einen schriftlichen Vertrag nicht gültig ist. In der Realität ist jedoch auch ein mündlicher Vertrag rechtlich bindend, obwohl ein schriftlicher Vertrag aus Beweisgründen empfohlen wird.
Eine Abfindung steht mir zu: Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass allen Arbeitnehmer:innen bei Kündigung eine Abfindung zusteht. Tatsächlich gibt es in Deutschland jedoch keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung.
Der Chef darf private E-Mails vom Firmenrechner lesen: Dieser Mythos ist ebenfalls falsch. Auch am Arbeitsplatz haben Arbeitnehmer:innen ein Recht auf Privatsphäre, und das Lesen privater E-Mails durch Arbeitgeber:innen ist in der Regel nicht erlaubt.
Überstunden-Zuschlag muss es geben: Viele Arbeitnehmer:innen glauben, dass sie für Überstunden immer einen Zuschlag erhalten müssen. Dies ist jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten: Viele Arbeitnehmer:innen glauben, dass Überstunden automatisch durch ihr Gehalt abgedeckt sind. Dies ist jedoch nicht immer der Fall und hängt von den spezifischen Bedingungen des Arbeitsvertrags ab.
Erst drei Abmahnungen berechtigen zur Kündigung: Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Arbeitgeber:innen erst nach drei Abmahnungen kündigen dürfen. In Wirklichkeit kann eine einzige gravierende Verfehlung für eine wirksame Kündigung ausreichen.
Neue Arbeit, neuer Urlaub?: Viele Arbeitnehmer:innen glauben, dass sie bei einem Arbeitgeberwechsel Anspruch auf neuen Urlaub haben. In Wirklichkeit wird der gesetzliche Urlaubsanspruch grundsätzlich jährlich berechnet und nicht pro Arbeitgeber:in.
Mitarbeiter:innen können nicht ohne Grund entlassen werden: Während dies in den meisten Fällen zutrifft, gibt es auch Situationen, in denen ein:e Arbeitgeber:in berechtigt ist, eine:n Mitarbeiter:in ohne spezifischen Grund zu entlassen.
Arbeitszeugnis zu jeder Zeit: Viele glauben, sie könnten jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen. Tatsächlich haben Arbeitnehmer:innen erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zeugnis. Zu bestimmten Anlässen kann es aber einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis geben, zum Beispiel bei einem Vorgesetztenwechsel.
„Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss und es je nach den spezifischen Umständen des Arbeitsverhältnisses zu Abweichungen kommen kann. Bei konkreten Fragen sollten Sie daher immer einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder Anwältin konsultieren“, so Rolfs abschließend.