Um am Ende genauso viel Geld wie ihre männlichen Kollegen zu haben, müssten Frauen 71 Tage länger arbeiten. Noch ungerechter ist laut interner Datenlage der Chevalier Rechtsanwälte der Gender Pay Gap bei Abfindungszahlungen. Janine Beyer, Rechtsanwältin bei der Kanzlei Chevalier Rechtsanwälte erklärt, in welchen Berufsfeldern Frauen besonders benachteiligt sind und wie sie sich gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr setzen können.
Das Statistische Bundesamt weist für das Jahr 2022 einen deutlichen Gender Pay Gap aus. Demnach lag der Mittelwert des Bruttostundenlohns der Frauen bei 16,21 Euro. Männer verdienten im Analysezeitraum dagegen durchschnittlich 19,76 Euro und damit 18 Prozent mehr. Am größten war das geschlechtsspezifische Lohngefälle im Finanz- und Versicherungssektor. Hier hatten Frauen im Durchschnitt 28 Prozent weniger Geld in der Tasche als gleichqualifizierte Männer. Im Bildungssektor erhalten Frauen dagegen „nur“ 6 Prozent weniger Gehalt als ihre Kollegen.
Im Vergleich zum Jahr 2021 hat sich die Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt damit nur geringfügig verbessert – damals lag das Lohngefälle noch bei 19 Prozent. Die Ursachen für diese anhaltende Ungerechtigkeit gegenüber Frauen sind komplex und umfassen Faktoren wie berufliche Segregation, Diskriminierung und die Unterbewertung von Arbeit, die häufiger von Frauen geleistet wird. Doch es wird noch schlimmer: Laut der internen Datenlage der Chevalier Rechtsanwälte erhalten Frauen im Schnitt 24 Prozent weniger Abfindung im Zuge einer Kündigung als ihre männlichen Kollegen.
Um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu bekämpfen, hat die Bundesregierung nach Ansicht von Beyer „vielversprechende Initiativen auf den Weg gebracht“. Darunter ein Transparenzgesetz, das Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet, Daten zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle offenzulegen.
Für Beyer ist auch das im Februar 2023 gefällte Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts ein Meilenstein, um den sogenannten Gender Pay Gap zu schließen. Die Richter:innen betonten, dass Arbeitnehmer:innen bei gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit nicht aufgrund eines fehlenden Verhandlungsgeschicks benachteiligt werden dürfen. In der Praxis bedeutet das, dass „auch Frauen davon profitieren müssen, wenn Männer bessere Gehälter aushandeln“. Beyer sieht aufgrund der internen Datenlage jedoch starken Nachholbedarf in Sachen Abfindungszahlungen: „Es zeigt sich ganz eindeutig, dass es hier noch nicht genug Transparenz gibt und zu viel im persönlichen Ermessen der Arbeitgebenden liegt.“
Frauen, die der Meinung sind, dass sie ungerechtfertigterweise weniger als ihre Kollegen verdienen oder weniger Abfindung erhalten, sollten sich laut Beyer „unbedingt beraten lassen“. „Sich mit weniger zufriedenzugeben, nur aufgrund des eigenen Geschlechts, sollte niemals eine Lösung sein“, so Beyer abschließend. Daher rät sie Frauen, sich vor allem bei Kündigungen einen Rechtsbeistand zu nehmen, der ihnen hilft, ihre Forderungen durchzusetzen.
Disclaimer
Die Angaben zur Abfindungshöhe basieren auf den uns zur Verfügung stehenden Daten. Die Daten sind zuverlässig, erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie erfassen den Zeitraum vom 28.02.2022 bis zum 01.03.2023.